Pflichtversicherungsgesetz
Abschnitt 1 - Pflichtversicherung (§§ 1 - 7) |
(1) 1Um einen dem Zweck dieses Gesetzes gerecht werdenden Schutz sicherzustellen, bestimmt das Bundesministerium der Justiz unter Beachtung unionsrechtlicher Verpflichtungen sowie des Europäischen Übereinkommens über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge vom 20. April 1959 (BGBl. 1965 II S. 281) im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates den Umfang des zur Erfüllung der Versicherungspflicht nach § 1 notwendigen Versicherungsschutzes. 2Das gilt auch für den Fall, dass durch Gesetz oder unionsrechtliche Verpflichtung eine Versicherungspflicht zur Deckung der beim Transport gefährlicher Güter durch Fahrzeuge verursachten Schäden begründet wird.
(2) 1Die Mindesthöhen der Versicherungssummen ergeben sich aus der Anlage. 2Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die in der Anlage getroffenen Regelungen zu ändern, wenn dies erforderlich ist, um
1. | bei einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder der verkehrstechnischen Umstände einen hinreichenden Schutz der Geschädigten sicherzustellen oder | |
2. | die Mindesthöhen der Versicherungssummen an die nach Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie 2009/103/EG erhöhten Beträge anzupassen. |
3Ergeben sich auf Grund der Platzzahl des Personenfahrzeugs, auf das sich die Versicherung bezieht, erhöhte Mindestversicherungssummen, so haftet der Versicherer in den Fällen des § 117 Abs. 1 und 2 des Versicherungsvertragsgesetzes für den einer einzelnen Person zugefügten Schaden nur im Rahmen der nicht erhöhten Mindestversicherungssummen.
(3) Die Versicherung muss die Haftpflicht mindestens folgender Personen decken:
1. | des Halters, | |
2. | des Eigentümers, | |
3. | des Fahrers, | |
4. | einer Person der Technischen Aufsicht, wenn es sich um ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion im Sinne des § 1d des Straßenverkehrsgesetzes handelt, | |
5. | von Personen, die im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zum Versicherungsnehmer oder Halter den berechtigten Fahrer zu seiner Ablösung oder zur Vornahme von Lade- und Hilfsarbeiten nicht nur gelegentlich als Beifahrer begleiten, | |
6. | von Omnibusschaffnern, soweit sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zum Versicherungsnehmer oder Halter tätig werden, und | |
7. | von Arbeitgebern oder öffentlichen Dienstherrn des Versicherungsnehmers, wenn das versicherte Fahrzeug mit Zustimmung des Versicherungsnehmers für dienstliche Zwecke gebraucht wird. |
(4) Mitversicherten Personen ist das Recht auf selbständige Geltendmachung ihrer Ansprüche einzuräumen.
Anlage: Mindestversicherungssummen1. Die Mindesthöhe der Versicherungssumme beträgt bei Kraftfahrzeugen einschließlich der Anhänger je Schadensfall
a) für Personenschäden siebeneinhalb Millionen Euro,
b) für Sachschäden 1 300 000 Euro,
c) für die weder mittelbar noch unmittelbar mit einem Personen- oder Sachschaden zusammenhängenden Vermögensschäden (reine Vermögensschäden) 50 000 Euro.
2. Bei Kraftfahrzeugen, die der Beförderung von Personen dienen und mehr als neun Plätze (ohne den Fahrersitz) aufweisen, erhöhen sich diese Beträge für das Kraftfahrzeug unter Ausschluss der Anhänger
a) für den 10. und jeden weiteren Platz um
aa) 50 000 Euro für Personenschäden,
bb) 500 Euro für reine Vermögensschäden,
b) vom 81. Platz ab für jeden weiteren Platz um
aa) 25 000 Euro für Personenschäden,
bb) 250 Euro für reine Vermögensschäden.
Dies gilt nicht für Kraftomnibusse, die ausschließlich zu Lehr- und Prüfungszwecken gebraucht werden.
3. Bei Anhängern entspricht die Mindesthöhe der Versicherungssumme für Schäden, die nicht mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs im Sinne des § 7 des Straßenverkehrsgesetzes im Zusammenhang stehen, und für die den Insassen des Anhängers zugefügten Schäden den in Nummer 1, bei Personenanhängern mit mehr als neun Plätzen den in Nummern 1 und 2 genannten Beträgen.
4. Zu welcher dieser Gruppen das Fahrzeug gehört, richtet sich nach der Eintragung im Kraftfahrzeug- oder Anhängerbrief.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2118 im Hinblick auf die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht und zur Änderung anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 11.04.2024
Inkrafttreten | Änderungsgesetz | Ausfertigung | Fundstelle |
---|---|---|---|
17.04.2024 | Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2118 im Hinblick auf die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht und zur Änderung anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften | 11.04.2024 | |
11.06.2016 | Verordnung zur Anpassung der Mindestversicherungssummen des Pflichtversicherungsgesetzes | 06.02.2017 | |
08.09.2015 | Zehnte Zuständigkeitsanpassungsverordnung | 31.08.2015 | |
01.05.2013 | Gesetz zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschriften | 24.04.2013 | |
01.01.2012 | Verordnung zur Anpassung der Mindestversicherungssummen und zur Änderung der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung | 06.12.2011 | |
01.01.2008 | Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts | 23.11.2007 | |
18.12.2007 | Zweites Gesetz zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes und anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften | 10.12.2007 | |
08.11.2006 | Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung | 31.10.2006 | |
28.11.2003 | Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung | 25.11.2003 | |
01.01.2002 | Verordnung über die Umstellung der Mindesthöhe der Versicherungssummen in der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter auf Euro | 22.10.2000 | |
07.11.2001 | Siebente Zuständigkeitsanpassungs-Verordnung | 29.10.2001 |
Rechtsprechung zu § 4 PflVG
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Einschränkung des unbegrenzten Versicherungsschutzes - Personenschaden - ...
Querverweise
Auf § 4 PflVG verweisen folgende Vorschriften:
- Pflichtversicherungsgesetz (PflVG)
- Pflichtversicherung
- § 1 (Versicherungspflicht)
- Entschädigungsfonds für Schäden aus Fahrzeugunfällen, Entschädigungsstelle für Schäden aus Auslandsunfällen und Insolvenzfonds für Schäden aus Fahrzeugunfällen
- Strafvorschriften, Übergangs- und Schlussvorschriften
- § 32 (Anwendungsbestimmung; Übergangsregelung)